Das Trennungsjahr
Vor jeder Scheidung steht das gesetzlich vorgeschriebene sogenannte Trennungsjahr. Es handelt sich dabei um einen Zeitraum von einem Jahr, in welchem die scheidungswilligen Ehepartner den Entschluss zur Scheidung noch einmal überdenken können, auch wenn sie vielleicht schon räumlich getrennt von einander leben. Steht aber die Entscheidung fest, sich endgültig vom Ehepartner zu trennen, soll das gesetzlich vorgeschriebene Trennungsjahr dazu dienen, die Trennung und die anschließende Scheidung möglichst schonend für alle betroffenen Familienmitglieder in Ruhe vorzubereiten, denn es gibt eine Vielzahl verschiedener Dinge zu klären, wenn eine oftmals über mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte gewachsene persönliche Beziehung in Form einer Ehe in die Brüche geht:
- Unterhalt für den Ehegatten während der Trennung (Trennungsunterhalt)
- die Frage, bei wem die vorhandene Kinder verbleiben und wie oft, wann und wo der jeweils andere Elternteil berechtigt sein soll, die Kinder zu sehen und mit ihnen Zeit zu verbringen (Aufenthaltbestimmungrecht, Umgangsrecht)
- wie der vorhandene Hausrat zwichen den sich trennenden Eheleuten aufgeteilt werden soll
- welcher von beiden Eheleuten nach Trennung in der Ehewohnung verbleiben soll oder darf
- wie der Zugewinn zu berechnen ist, dass heißt der finanzielle Wertausgleich für das während der Ehezeit erwirtschafte Vermögen, soweit die Eheleute bei Eheschließung den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft nicht durch anderweitige vertragliche Regelungen ausgeschlossen haben. Dabei geht es darum, den während der Ehe entstandenen Vermögenszuwachs (= Zugewinn) beider Eheleute auszugleichen, wobei derjenige, der weniger Zugewinn erzielt hat, die Hälfte des Differenzbetrages vom anderen Ehepartner erhält
Oftmals kommt es zum Streit darüber, wann denn nun die Trennung genau zwischen den Eheleuten vollzogen wurde, denn die Trennung kann auch innerhalb der ehelichen Wohnung über Wochen und Monate stattgefunden haben. Derjenige, der den Scheidungsantrag bei Gericht einreichen möchte, muss dem Gericht aber beweisen können, dass das Trennungsjahr abgelaufen ist. Es kommt immer wieder in der täglichen Praxis vor, dass die Eheleute unterschiedliche Angaben zum Trennungszeitpunkt machen. Solange beide Eheleute Zeitpunkte nennen, die mehr als ein Jahr zurückliegen, ist dies kein Problem, denn das Trennungsjahr ist dann ja übereinstimmend in jedem Fall längst abgelaufen und damit der Weg zum Scheidungsantrag frei. Wenn jedoch der andere Ehegatte behauptet, dass die Trennung noch nicht länger als ein Jahr zurückliegt, muss mit der Einreichung des Scheidungsantrages gewartet werden, bis der nach Angaben des anderen Ehegatten genannte Zeitpunkt der einjährigen Trennung erreicht ist.
Es ist daher unbedingt ratsam, das Datum der Trennung zeitnah nach der Trennung schriftlich zu dokumentieren, zumindest, wenn beide Eheleute auch nach der Trennung weiterhin eine gemeinsame Wohnung nutzen und dadurch schwer darzustellen ist, dass man auch innerhalb der Wohnung tatsächlich getrennt von einander gelebt hat. Dies kann geschehen, indem beide Eheleute "am Küchentisch" übereinstimmend ein bestimmtes Datum vereinbaren und schriftlich festhalten ("Hiermit bestätigen wir übereinstimmend, dass wir seit dem 15.02.2024 getrennt leben." oder ähnlich). Weigert sich der Ehegatte, mitzuwirken, müssen andere Beweismittel beschafft werden (z.B. Zeugenaussagen von Freunden, Familienangehörigen).
Aber wann liegt eine Trennung vor? Das Trennungsjahr beginnt mit dem Tag, an welchem die Eheleute nicht mehr gemeinsam wirtschaften: beide Eheleute bereiten das Essen für sich getrennt, jeder macht seine Wäsche allein, jeder kauft allein für sich ein. Das alles schließt aber nicht aus, dass die Eheleute allein wegen und nur zum Wohl der Kinder gewisse Dinge zusammen unternehmen.